Rede von Mechtild Ross-Luttmann zum Entschließungsantrag der CDU-Landtagsfraktion: Strafen für Kinderpornographie verschärfen – Strafbarkeitslücken unverzüglich schließen!

27. Februar 2014

Rede von Mechtild Ross-Luttmann  MdL Strafen für Kinderpornographie verschärfen – Strafbarkeitslücken unverzüglich schließen! – Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 17/1216 Seit Tagen wird in der Öffentlichkeit über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Sebastian Edathy wegen des möglichen Besitzes von Kinderpornographie diskutiert, auch darüber, was Kinderpornographie eigentlich ist, und wann der Besitz von Bildern und Filmen mit nackten Kindern strafbar ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Straftatbestand der Kinderpornografie ist in § 184 b StGB geregelt. Danach ist u. a. strafbar, wer Texte, Bilder und Videos, die sexuelle Handlungen an, vor und eben auch von Kindern zum Gegenstand haben, herstellt, besitzt, verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt. Jugendliche werden nach § 184 c StGB ähnlich geschützt. Bloße Nacktfotos, die „nur“ den kindlichen Körper oder Körperteile zeigen, sind dagegen nicht strafbar. Denn sexuelle Handlungen von Kindern setzen voraus, dass auch ein entsprechendes Tun des Kindes ohne Eingreifen eines anderen im Sinne eines tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Geschehens abgebildet wird. Damit sind käuflich erworbene Nacktfotos von Kindern oder Jugendlichen strafrechtlich nicht relevant, wenn das abgebildete Kind oder der nackte Jugendliche keine geschlechtsbetonte Pose einnimmt. Hier sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Straftatbestände der §§ 184 b und 184 c StGB trotz vieler Änderungen immer noch unzureichend. Der Fall Edathy, der Anlass für diese Diskussion ist, zeigt deutlich, dass hier eine Strafbarkeitslücke vorhanden ist, die geschlossen werden muss. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer sich Bilder oder Filme von nackten Kindern, zu denen er keinerlei Beziehung hat, bestellt, der tut dies aus triebgesteuerten und nicht aus ästhetischen Gründen – und der, meine Damen und Herren, gehört bestraft. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum auf der einen Seite der Erwerb eines Nacktfotos eines Kindes, welches beispielsweise seinen Genitalbereich berührt, strafbewehrt sein kann, und auf der anderen Seite das Nacktfoto eines Kindes, auf dem seine Genitalien zu sehen sind, nicht strafbewehrt sein soll. Wie können wir bei kommerziellem Handel in legale und illegale Nacktfotos unterteilen? Für die betroffenen Kinder bedeutet das wohl kaum einen Unterschied. Ihre Persönlichkeitsrechte werden massiv verletzt. Sehr oft sind solche vermeintlich harmlosen Aufnahmen auch der Einstieg in fortgesetzte Ausbeutung und Missbrauch. Meine Damen und Herren, diese Kinder werden benutzt, damit diese Fotos überhaupt entstehen können. Kein Kind posiert freiwillig nackt vor einer Kamera. Was wird diesen Kindern angetan? Wer spricht in der Affäre Edathy überhaupt noch über betroffene Kinder? – Kinder sind keine Ware! Kinder sind Persönlichkeiten mit eigenen Rechten. Niemand darf ihnen ihre Würde nehmen. Kein Erwachsener hat das Recht, von ihnen Bilder zur sexuellen Befriedigung zu machen, zu verkaufen oder zu besitzen. Auch haben Fotos, wenn sie beispielsweise ins Netz gestellt werden, schon allein deshalb häufig schwere Folgen für das betreffende Kind. Dies kann Leben zerstören. Dem betroffenen Kind wird das erste Mal bei der Aufnahme wehgetan. Und das zweite Mal wird ihm wehgetan ‑ so wie auch im Fall Edathy geschehen ‑ beim Ansehen dieser Bilder. Auch da wird seine Würde verletzt. Und das Schlimme ist, meine Damen und Herren: Diese Täter haben oftmals nicht einmal ein Schuldbewusstsein. Sie sagen: Ich sehe mir ja nur das an, was ohnehin schon im Netz steht. – Das, meine Damen und Herren, darf und kann nicht sein. Deshalb brauchen wir neben der Verschärfung des Strafrechts selbstverständlich auch das gesellschaftliche Bewusstsein, dass so etwas zu verurteilen und zu ächten ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es darf auch eines nicht vergessen werden: Nachfrage erzeugt immer auch ein Angebot. Derjenige, der klickt, derjenige, der ein Bild kauft oder bestellt, trägt mit dazu bei, dass es Menschen gibt, die Fotos herstellen, diese zu eigenem Nutzen und zur eigenen Gewinnerzielung verkaufen und Kinder zur Ware degradieren. Deshalb sind wir alle hier in diesem Hohen Hause gehalten, uns energisch dafür einzusetzen, dass so etwas möglichst nicht passiert. Mit Erlaubnis der Frau Präsidentin möchte ich gerne aus dem Spiegel vom 25. Februar 2014 eine kurze Passage zitieren: „Adrian P. kann als Betroffener die juristische Debatte kaum nachvollziehen: ‚Die Bilder von mir sind schrecklich. Ich werde sie nicht wieder los.’ Sein Vater klagt, Adrian sei bis heute traumatisiert. Er habe sich über Monate hinweg vor Scham nicht aus dem Hause gewagt. ‚Er war ein fröhliches Kind, jetzt ist er verschlossen’.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe dargestellt, dass wir auf der einen Seite eine Gesetzesänderung und auf der anderen Seite das gesellschaftliche Bewusstsein brauchen, dass Staat und Gesellschaft massiv darauf einwirken müssen, dass so etwas nicht passiert. Nötig ist aber auch, dass unsere Polizei und unsere Staatsanwaltschaften und Gerichte gut aufgestellt sind, um den steigenden Anforderungen an die Auswertung einer immer größeren Datenmenge zeitnah gerecht werden zu können. Ich möchte hier ganz bewusst jenen Damen und Herren danken, die diese Ermittlungsarbeit durchführen. Ohne die Leistung anderer schmälern zu wollen: Die Arbeit der Ermittler, die Tag für Tag im Netz surfen, die Tag für Tag diese Bilder betrachten müssen, um zur Aufklärung beizutragen, ist kaum auszuhalten und sehr belastend. Es ist wichtig, dass wir als Landtagsabgeordnete den Wert dieser Arbeit nochmals besonders betonen, hervorheben und wertschätzen. Ich hoffe, dass gute Supervision und gute psychosoziale Betreuung vorhanden sind, damit die Belastung nicht allzu groß wird. Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund habe ich mich sehr gefreut, dass Herr Küch, der Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, also des Verbandes derjenigen, die mit der Ermittlungsarbeit betraut sind, sich ausdrücklich hinter die Forderungen nach Strafverschärfung gestellt hat. Um auch gerade Kinderpornografie im Internet wirksam aufklären zu können, benötigen wir meines Erachtens zwingend eine verfassungskonforme Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in den engen Grenzen ‑ das sage ich hier ganz bewusst ‑, die das Bundesverfassungsgerecht für rechtens erklärt hat. Wenn man hört, was unser Innenminister, Herr Pistorius, hier im Dezember-Plenum gesagt hat, dass es sich bei einem Großteil der über 180 wegen fehlender Verbindungsdaten ungeklärten Fälle um Fälle der Verbreitung von Kinderpornografie und damit des fortgesetzten Missbrauchs von Kindern handelt, dann, glaube ich, kann kein Zweifel daran bestehen, dass wir eine anlassunabhängige Vorratsdatenspeicherung in den engen Grenzen des Bundesverfassungsgerichts brauchen. Niemand darf mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen – so unser Bundesjustizminister Heiko Maas. Er kündigte an, den gewerbsmäßigen Handel mit Nacktbildern von Kindern unter Strafe zu stellen. Unterstützen wir aus Niedersachsen ihn mit seiner Forderung! Ich freue mich auf die Beratung unseres Antrages im Rechtsausschuss und hoffe, dass er im Landtag im Interesse und zum Schutz betroffener Kinder eine breite Mehrheit finden wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.