Finanzminister Hilbers: „Wir werden bald mit den Kommunen über die Kindergartenfinanzierung reden“
Quelle: Rundblick Niedersachsen
Interview mit Finanzminister Reinhold Hilbers MdL
Der neue Finanzminister Reinhold Hilbers hat die Grundzüge des Nachtragshaushaltsplans am Dienstag im Kabinett vorgestellt – und erste Beschlüsse erwirkt. Er äußert sich dazu im Interview mit dem Politikjournal Rundblick.
Rundblick: Herr Hilbers, plötzlich hat man den Eindruck, die Landesregierung will den Nachtragsetat für das kommende Jahr im Eiltempo beschließen lassen. Woher kommt der Zeitdruck?
Hilbers: Wir wollen schnell einen Nachtragsetat vorlegen, um die politischen Schwerpunkte auf den Weg zu bringen. Das erfordert ein schlankes Verfahren. Die neue Koalition hat wichtige Aufgaben im Koalitionsvertrag beschrieben – und dabei auch Prioritäten festgelegt. Diese setzen wir nun mit dem Nachtragshaushalt um. Deshalb weichen wir auch vom üblichen Verfahren ab, erst über einen langen Weg die Wünsche der Ressorts einzusammeln und dann sorgfältig abzuwägen. Es soll alles viel zügiger geschehen. Zum anderen ergibt sich der Zeitdruck auch aus den Verhältnissen. Was die Kindergartenfinanzierung angeht oder die Lehrerstellen, sind wir auf eine rasche Beratung und Verabschiedung angewiesen – schon Mitte des Jahres sollen die Folgen des Nachtragshaushalts, finanzielle Entlastungen für die Eltern und neue Lehrer in den Schulen, ihre Wirkung entfalten.
Rundblick: Wie groß ist das Volumen des Nachtragshaushalts? Wieviel Geld werden sie mehr ausgeben?
Hilbers: Wir rechnen nach der Steuerschätzung im kommenden Jahr mit Mehreinnahmen von 685 Millionen Euro. Dieses Geld geben wir aus. Das sind, grob unterteilt, 500 Millionen Euro für bestimmte notwendige Anpassungen – und 200 Millionen für neue politische Schwerpunkte.
Rundblick: Erläutern Sie uns doch bitte zuerst die notwendigen Anpassungen.
Hilbers: Die konkreten Einzelheiten zu den Zwangsläufigkeiten werden wir mit den Ressorts abstimmen. Ich nenne ein paar Bereiche davon. Wegen der höheren Steuereinnahmen erhalten auch die Kommunen über den Kommunalen Finanzausgleich eine höhere Überweisung – das wären rund 270 Millionen Euro. Da das Land künftig einspringen muss, wenn säumige Väter oder Mütter ihren Unterhalt nicht zahlen, kommen auf das Land 60 Millionen Euro hinzu. Für den Hochwasserfonds geben wir 20 Millionen Euro zusätzlich aus, für den Personaletat 28 Millionen. Sie erinnern sich: Festgelegt wurde, dass die Tarifanpassung im Beamtenbereich so gestaltet wird, dass die Erhöhung der Bezüge mindestens 75 Euro ausmachen soll. Dies kommt vor allem niedrigen Gehaltsgruppen zugute, und wir müssen das jetzt abbilden. Außerdem geht es um die Ausgaben für Pensionen: Da nach den statistischen Daten die Pensionäre im Durchschnitt länger leben, erhöht sich auch der kalkulierte Betrag für die Ruhestandsbezüge. Zusätzliche Ausgaben für das Katastrophenschutzgesetz und die Meisterprämie runden das Bild ab.
Rundblick: …und die neuen politischen Schwerpunkte der Großen Koalition?
Hilbers: Da ist die Erstattung der Elternbeiträge für das erste und zweite Kindergartenjahr. Wir wollen das im August durchsetzen – und für die letzten fünf Monate im kommenden Jahr haben wir zunächst 110 Millionen Euro eingeplant. Künftig rechnen wir hier mit rund 265 Millionen Euro jährlich.
Rundblick: Die Kommunen meinen, das reiche nicht…
Hilbers: Wir werden mit den Kommunen reden und zu einer fairen Lösung kommen. Noch in diesem Jahr werden wir die Spitzenverbände dazu einladen. Wir müssen jetzt erst einmal ermitteln, wie viel in den Regionen überhaupt an Elternbeiträgen erhoben wurde. Das ist recht unterschiedlich.
Rundblick: Was kommt noch hinzu?
Hilbers: Die 997 Lehrerstellen, die im Zuge der Flüchtlingshilfe eingerichtet wurden und teilweise bis Ende Juli befristet wurden, sollen verlängert werden. 750 Stellen kommen für die Polizei hinzu, darunter 500 Anwärter, und die Investitionsförderung für die Krippenfinanzierung wird abgesichert.
Rundblick: Bleibt vom zusätzlich eingenommenen Geld nichts übrig für die Tilgung der Altschulden des Landes?
Hilbers: Das will ich nach Möglichkeit über den Jahresabschluss 2017 regeln. Wenn die Zahlen vorliegen, im Februar oder März, sollen zunächst 500 Millionen für ein Sondervermögen zur Digitalisierung eingesetzt werden. Mit einem zusätzlichen Betrag werden wir das Sondervermögen für die Uni-Kliniken in Hannover und Göttingen erhöhen. Ich habe die Absicht, darüber hinaus bestehende Spielräume für die Schuldentilgung zu nutzen. Versprechen kann ich diesen Weg noch nicht, es hängt viel von den Zahlen ab. Aber versuchen werde ich es.
Rundblick: Was ist mit dem Etat für das übernächste Jahr 2019?
Hilbers: Der Entwurf soll noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause im Juli vorliegen, im September soll er an den Landtag gehen.
Rundblick: Sie arbeiten auch an einem Landesgesetz für die Umsetzung der Schuldenbremse für Niedersachsen. Was soll in dieser Vorschrift stehen?
Hilbers: Wir wollen die Schuldenbremse in unserer Verfassung verankern. Daneben werden auch die Ausnahmeregeln, die das Grundgesetz vorsieht, festgelegt werden. Dort soll definiert werden, in welchen Situationen – die mit breiter Mehrheit im Landtag zu beschließen wären – von dem ab 2020 laut Grundgesetz für alle Länder verbindlichen Neuverschuldungsverbot abgewichen werden kann. Das soll zum Beispiel bei Naturkatastrophen oder auch aus konjunkturellen Gründen geschehen können, aber nur, wenn die dann aufgenommenen Kredite kurzfristig wieder zurückgezahlt werden können. Aber an den Details arbeiten wir, das wird noch dauern.
Quelle: Rundblick Niedersachsen