Rede der CDU-Landtagsabgeordneten Astrid Vockert zum CDU-Änderungsantrag „Volksinitiative für bessere Rahmenbedingungen in den niedersächsischen Kindertagesstätten“

15. Mai 2014

– Es gilt das gesprochene Wort  –

Worum geht es? Vom Bündnis für Kinder und Familie in Niedersachsen ist in der vergangenen Legislaturperiode eine Kita-Volksinitiative initiiert worden. Mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen in unseren Kitas zu verbessern. In Kurzfassung kann man sagen: Der Personalschlüssel in den Kitas soll verbessert werden. Die Begründung liegt klar auf der Hand: Der momentane Ist-Zustand – beispielsweise zwei Fachkräfte für 15 Krippenkinder, die ja auch gewickelt werden müssen – reicht nicht aus. Das bestätigen alle Eltern, alle Erzieher, alle Fachexperten und auch alle Politiker (egal welcher parteipolitischen Couleur sie angehören). Und jetzt ist auch die Zeit reif dafür. In der Letzten Legislaturperiode  – 2008 bis 2013 – hätten auch wir das gerne umgesetzt: Kultusministerien Heiligenstadt hat damals als Oppositionsabgeordnete einen entsprechenden Gesetzentwurf  eingebracht (der 283 Millionen Euro bedeutet hätte). Und auch Bündnis 90/Die Grünen haben sich mit Anträgen in Höhe von insgesamt 1,8 Milliarden Euro  – ohne Gegenfinanzierung –  enorm aus dem Fenster gelehnt. Damals hatten wir aber zunächst andere Aufgaben: Es galt, den Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr umzusetzen. In diesem Zeitrahmen – 2008 bis 2013 – haben wir uns mit insgesamt 461 Millionen Euro an den Investitions- und Betriebskosten beteiligt (35,7 Prozent). Übrigens: die jetzige Kultusministerin lässt sich gerne dafür feiern, dass es gelungen ist, den Rechtsanspruch entsprechend durchzusetzen. Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir nach der Quantität die Qualität zu verbessern haben – und nun ist es soweit: Um bildungspolitisch nach vorne zu kommen, gilt es nun einmal, von unten, von klein an anzufangen! Insofern ist das Anliegen der Kita-Volksinitiative nicht nur berechtigt – die Umsetzung ist zwingend erforderlich! Wie sieht es heute aus? Wie ist man mit den Hoffnungen der Kita-Volksinitiative umgegangen? SPD und Grüne haben noch zu Wahlkampfzeiten an Ständen Unterschriften für die Kita-Volksinitiative gesammelt. Jetzt hatten wir das Anliegen der Kita-Volksinitiative im Kultusausschuss: Mehrere Ausschusssitzungen – die alle hier im Plenarsaal stattgefunden haben, weil das Interesse und die Hoffnungen enorm groß waren. Was ist dort passiert? 1. Am 7. Februar 2014 formuliert die Kita-Volksinitiative noch einmal ihr Anliegen: es geht um den Personalschlüssel, um die Arbeitsbedingungen, um die generelle Bezahlung etc. Was ich, was wir im Kultusausschuss aber alle beeindruckend fanden –  jedenfalls war das mein Eindruck – war, dass die Kita-Volksinitiative gesagt hat: Wir erwarten nicht, dass alles von heute auf morgen umgesetzt wird. Aber: wir erwarten jetzt ein Signal, wir erwarten, dass ein Ruck durch das Land geht, dass Sie (die Politiker) diesen Ruck vollziehen. Wir erwarten keine Wunder aber erste Schritte und ein Zeichen. Und was bekam die Kita-Volksinitiative dort zu hören? Heiner Scholing: Das ist für uns ein sehr ermutigendes Angebot. Uwe Strümpel: Heute geht es nicht um parteipolitischen Schlagabtausch – heute geht es wirklich darum, dass geholfen wird. Klaus-Peter Poppe: Die reichen Kommunen haben eine Drittkraft, und den anderen Kommunen steht das Wasser schon über der Nase. Wenn wir uns jetzt darin einig sind, dass das Land hier Verantwortung trägt, dann ist das meines Erachtens schon einmal ein guter Schritt. Heiner Scholing: Ihre Botschaft ist angekommen. 2. Dann die nächste Sitzung – am 21. Februar: Uwe Santjer: Es war gut und richtig, dass die Volksinitiative den Finger in die Wunde gelegt hat. Die SPD-Fraktion hat dies sehr wohl wahrgenommen und hat deshalb auch ihre Unterstützung zugesagt. Heiner Scholing: Ein Paradigmenwechsel ist erforderlich – für Bildung mehr tun! Klaus-Peter Poppe: Die Volksinitiative trifft jetzt auf eine Regierung, die bereit ist, zu handeln! 3. Dann kommt die Ministerin  mit ihrem Dialogforum am 10. März: Bei diesem Dialogforum blickt sie zurück auf ihren eigenen Gesetzentwurf  – damals noch Oppositionsabgeordnete – und kommt zu der Erkenntnis: „Es gibt eine schlechte Nachricht – die Qualitätsverbesserungen im frühkindlichen Bereich sind nicht zum Nulltarif zu haben!“ Das Fazit aus den Arbeitsgruppen lautet eindeutig: Qualitativ ist am dringlichsten die dritte Fachkraft in den Krippen! Und das Fazit aus dem Kultusministerium: Es gibt einen ersten Referentenentwurf, der bis Herbst 2014 vorliegen soll, die Anhörung soll dann im gesamten Jahr 2015 laufen und das neue KiTaG soll dann Mitte 2016 in Kraft treten. 4. Dann die nächste Kultusausschusssitzung hier im Plenarsaal am 21. März: Ich hatte, genauso wie die Vertreter der Kita-Volksinitiative, ein absolut positives Gefühl. Die SPD signalisierte, dass sich die Kommunen auf eine Vollfinanzierung der dritten Kraft in den Krippen mit Landesmitteln einstellen könnten. Bis dahin also: Alles gut Und dann – für mich wie ein Hammerschlag –  die Volksinitiative soll auf 2016 vertröstet werden. Kein Wort mehr von Rot/Grün zu den berechtigten Forderungen:

  • ein sofortiges Signal zu setzen
  • einen Paradigmenwechsel einzuleiten
  • den Ruck erkennbar werden zu lassen

Auch der gemeinsame Versuch am Rande der März-Plenarsitzung zwischen allen Sprechern der Fraktionen zu einer Verständigung zu kommen musste vor diesem Hintergrund misslingen. Unsere Forderung bestand darin, zum 01.08.2014 ein Förderprogramm aufzulegen, welches die dritte Kraft in Höhe des jetzigen Personalkostenzuschusses mit finanziert und zweitens einen Stufenplan aufzulegen, wann und wie die Forderungen der Kita-Volksinitiative bis zum Ende dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Und schon folgte der weitere Hammerschlag Anfang April. Finanzminister Schneider bremst Kultusministerin Heiligenstadt aus, indem er sagt: „Neue Wohltaten für die Bürger, etwa eine dritte Kraft für die Kindergartengruppen, seien derzeit nicht drin!“ Ich habe das als dreist empfunden – als schallende Ohrfeige für die Kultusministerin, als Ignoranz gegenüber den Eltern, der Kita-Volksinitiative und letztlich auch den Fachpolitikern. Fest steht: Der Dialog zu Fragen und Modernisierung des KiTaG ist wichtig. Das darf aber nicht zum Stillstand führen. Auf Zeit spielen, weiterhin reden, reden, reden und dabei nichts tun, kein Signal geben – das geht auf Kosten und zulasten der Kinder, der Eltern sowie der Erzieher. Und das macht jetzt Rot-Grün mit ihrer Vorlage zum Gesetzentwurf. Da wird die Landesregierung gebeten, den Dialog weiterhin zu führen und die Forderungen der Volksinitiative bei der Erarbeitung des KitaG einzubeziehen. Wenn man wenigstens geschrieben hätte umzusetzen!!! Es findet sich in der Vorlage kein einziger Zeitpunkt – bei einem Fahrplan habe ich es bisher, wenn ich mit dem Zug unterwegs bin, noch nie erlebt, dass eine Zeitangabe gefehlt hat. Aus diesem Grund lautet unsere Forderung deutlich und unmissverständlich: Die Kita-Volksinitiative muss ernst genommen werden. Sie stellt keine Maximalforderungen, die umgesetzt werden müssen aber sie erwartet zu recht einen ersten Schritt, ein erstes Signal Und deshalb sagen wir: 1. Ab dem 01.08.2014 muss ein Sofortprogramm für die dritten Kräfte aufgelegt werden, die mit dem bisherigen Personalkostenzuschuss von 52 Prozent vom Land finanziert werden (25 Millionen Euro) 2. Ab dem 01.01.2015 sollen 100 Prozent der Personalkostenzuschüsse für die dritten Kräfte in den Krippen als Einstieg in die Qualitätsverbesserung gezahlt werden 3. Unverzüglich gilt es, einen Stufenplan zur Qualitätsverbesserung im frühkindlichen Bereich – von jetzt an bis Ende der Legislaturperiode – vorzulegen Meine Damen und Herren, tragen Sie mit dazu bei, dass dieser Qualitätssprung in der frühkindlichen Bildung umgesetzt wird. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Übrigens: vom jetzigen Ministerpräsidenten Stephan Weil – das sage ich ganz offen – hätte ich mehr erwartet. Als Landesvorsitzender der SPD hat er am 17.10.2012 noch zu einem Krippengipfel ins Leine-Schloss eingeladen. Er hat suggeriert, dass dieses Thema für ihn wichtig ist – und zwar sofort. Jetzt zeigt er mit dem Finger auf Berlin und versucht, die Verantwortung von Land Niedersachsen einfach auf Berlin zu schieben. Nein, Herr Ministerpräsident – so einfach können Sie es sich hier wirklich nicht machen. Herausgeber: CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag – Pressestelle cdu-fraktion-niedersachsen.de