Rot-Grün kostet.

28. Mai 2013

100 Tage ist die Landesregierung von SPD und Grünen nun im Amt. Zeit, erstmals Bilanz zu ziehen. Mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit und beladen mit einem dicken Paket von Wahlversprechen hat Rot-Grün – bei der Dominanz der Grünen in der Regierung und den Inhalten des Koalitionsvertrages formuliert man wohl besser „Grün-Rot“ – am 19. Februar 2013 die Regierungsverantwortung übernommen. Schon die Koalitionsverhandlungen standen unter keinem guten Stern. Streit in vielen Sachfragen, Formelkompromisse, Runde Tische und Kommissionen, vor allem aber Personal-Geschachere prägten die Verhandlungen und den Inhalt des Koalitionsvertrages. Das Kernproblem: Grüne und SPD, Wenzel, Weil und Co. haben zwar eine knappe Mehrheit im Landtag, aber sie haben im wahrsten Sinne des Wortes keinen Plan, keine Idee und keine Vision für Niedersachsen. Statt die Zukunft des Landes zu gestalten, wird es von Rot-Grün daher seit dem 19. Februar 2013 nur noch verwaltet. Aufbruchstimmung? Fehlanzeige! Wo Gestaltungskraft fehlt, finden jedoch umso mehr Machtpolitik, Parteitaktik und Ideologie ihren Platz. SPD und Grüne sind in den Wahlkampfmodus zur Bundestagswahl gegangen. Der Bundesrat muss als Kampfinstrument herhalten. Schon in den ersten 100 Tagen hat die grün-rote Landesregierung daher viel verspielt. Es wird deutlich, Grün-Rot kostet: Steuergeld, Wählervertrauen und Zukunftschancen.

Misstrauen geschürt.

Dem parteipolitischen Umbau des Staatsapparates widmeten Grüne und SPD zu Beginn ihrer Amtszeit volle Aufmerksamkeit. Polizeipräsidenten, Verfassungsschutzpräsident, Aufsichtsräte der Norddeutschen Landesbank – allesamt parteilos und verdiente Fachleute – wurden im Handstreich durch Parteigenossen der Regierenden ersetzt. Die neue Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe stellt in der Staatskanzlei ihren SPD-Kreisvorsitzenden als Büroleiter ein – ohne Stellenausschreibung und obwohl dieser gerade tief in einer Spitzel-Affäre im Oberbürgermeisterwahlkampf von Hannover steckt. So wird der Staat zur rot-grünen Beute. Aus rein parteitaktischen Motiven will Grün-Rot die Kommunalverfassung ändern, unsinnige Stichwahlen wieder einführen und die Amtszeit von Bürgermeistern und Landräten drastisch verkürzen. Sie riskiert bei diesem Vorhaben sogar den Bruch der Landesverfassung. Wahlversprechen kassieren Ministerpräsident Weil und sein Vize Wenzel reihenweise:

  • Gorleben bleibt im Endlagersuchverfahren. Im Wahlkampf hingegen hatten SPD und Grüne Gorleben zum zentralen Thema gemacht und gefordert, dass der Standort vorab aus dem Suchverfahren ausscheiden müsse.
  • Die Schulreform gefährdet Gymnasien und Oberschulen, der versprochene breite Dialog zum Gesetz findet nicht statt.
  • Im Mai wurde ein geheimer Atomtransport durch Niedersachsen gelenkt. Die Landesregierung war informiert und hat die noch 2012 von SPD und Grünen eingeforderte vollständige Transparenz wohl vergessen. Was zu CDU/FDP-Zeiten dramatisch gefährlich war, ist unter dem grünen Umweltminister Wenzel geheim und keiner Rede wert. Selbst die für den Katastrophenschutz verantwortlichen Kommunen hat Wenzel nicht informiert. 2012 war dies seine wichtigste Forderung. Das Sein bestimmt auch bei Herrn Wenzel das Bewusstsein.
  • Der im Wahlkampf angekündigte Südniedersachsen-Plan zerfasert. Die angekündigte 100 Millionen Euro-Förderung steht in der Höhe längst infrage. Fasst man die verschiedenen Antworten von Kabinettsmitgliedern auf die Frage der Gebietskulisse zusammen, kommt man zu dem Ergebnis: Südniedersachsen ist überall.
  • Die Sponsoring-Regeln für das Sommerfest der Regierung in Berlin werden nicht, wie angekündigt, verschärft.
  • Die neue Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe übernimmt nicht, wie versprochen, den Vorsitz der Härtefallkommission.

Rot-Grün beäugt sich misstrauisch und sät auch politisch Misstrauen im Land. Der Ministerpräsident entzieht seinen Fachministern wichtige Kompetenzen. Er zentralisiert sie in seiner Staatskanzlei und vermittelt damit deutliches Misstrauen gegen sein eigenes Landeskabinett. In vielen Bereichen werden Kontrollen verschärft. Unsere Polizisten will Grün-Rot im Einsatz persönlich kennzeichnen, um die personenbezogen Anzeige gegen sie zu erleichtern. Das geht zulasten der Sicherheit unserer Polizeibeamten und ihrer Familien. >> Grün-Rot bricht Wahlversprechen und regiert mit Misstrauen.

Finanzen verzockt.

Niedersachsen verfügt in diesem Jahr über Rekord-Steuereinnahmen – 600 Mio. Euro mehr als 2012. Dennoch will SPD-Finanzminister Schneider mehr Schulden und massive Erhöhungen bei Steuern und Abgaben durchsetzen. Höhere Einkommenssteuer, neue Vermögenssteuer, Verdoppelung der Erbschaftssteuer, höhere Abgeltungssteuer, Abschaffung des Ehegattensplittings, niedrigere Kinderfreibeträge, weniger Umsatzsteuerermäßigung, höhere Grunderwerbsteuer, höhere Beitragsbemessungsgrenzen der Krankenversicherung, höhere Förderabgaben für Öl und Gas, höhere Wasserentnahmegebühr, neue Rohstoffförderabgabe für Sand, Torf und Kies, höhere Gebühren für landesbezogene Leistungen, die Phantasie von Grünen und SPD für neue Einnahmequellen zulasten der Steuerzahler scheint schier grenzenlos zu sein. Tragen sollen die Belastungen vor allem Arbeitnehmer und mittelständische Unternehmen. Das schadet dem Land Niedersachsen. Die Kraft für eine transparente Finanzpolitik fehlt Grün-Rot. Nicht einmal einen eigenen Haushalt für das Jahr 2013, der ihre Politik offen und ehrlich abbilden würde, bringen Weil und Wenzel auf den Weg. Der Landesregierung fehlt der Mut zur Verantwortung. Dass sie ihre Ausgaben- und Umverteilungspolitik nicht ohne einen Bruch der Landesverfassung finanzieren könnten, schwant Grünen und Sozialdemokraten. Doch fehlende solide Haushaltspolitik wird derzeit kompensiert durch das Wunschdenken und den (Alb-) Traum einer grün-roten Steuererhöhungspolitik im Bund nach der Bundestagswahl. Doch Steuererhöhungen lassen sich bei gleichzeitigen Rekord-Steuereinnahmen im Wahlkampf nicht gut verkaufen. Daher rechnet SPD-Finanzminister Schneider kurzerhand das Land arm. Seriös geht anders! >> Grün-Rot erhöht die Schulden und die Steuern statt sparsam hauszuhalten.

Chancen verspielt.

Überrascht hat Herr Weil die Öffentlichkeit mit einem Bekenntnis im Interview mit dpa am 18. Mai 2013: „Das Tempo dieser ersten 100 Tage wird man nicht über fünf Jahre aufrechterhalten können“, hat er dort gesagt. Welches Tempo mag er gemeint haben? Das Motto dieser Landesregierung ist doch eher: „Liegen lassen, später machen.“ Der Zukunftsvertrag des Landes mit den Kommunen ist ausgelaufen und die Regierung sagt nicht, wie es weitergehen soll. Die angekündigte Verwaltungsreform wurde vertagt. Grün-Rot stellt wichtige Fernstraßen-Baumaßnahmen infrage, streicht Finanzmittel für die zügige Planung der Küstenautobahn. Ein Konzept für den wichtigen Ausbau der Infrastruktur Niedersachsens fehlt dem SPD-Wirtschaftsminister. Der Ausbau der Krippenplätze ist bei Grün-Rot kein Thema mehr. Im Wahlkampf drohte laut Grünen und SPD angeblich noch eine dramatische Unterversorgung. Jetzt ist nicht einmal ein Ansatz für die nächste Ausbaustufe zum Jahr 2014 zu erkennen. SPD und Grüne haben den 2012 beschlossenen breiten überparteilichen Konsens zur inklusiven Schule für Schüler mit und ohne Handicap ohne Vorwarnung aufgekündigt. Das verursacht viel Unruhe bei den Betroffenen. Ein neues Konzept gibt es bisher jedoch nicht. In der Bildungspolitik von Grün-Rot geht es um Ideologie statt um Qualität. Leistungsstandards werden infrage gestellt, Gesamtschulen zulasten der Gymnasien, Oberschulen, Haupt- und Realschulen sowie Berufsbildenden Schulen bevorzugt. Statt den Schulfrieden zu wahren, eröffnet Grün-Rot wieder die alten Schulstrukturdebatten der 70er Jahre. Das ist Schulpolitik von Vorgestern! >> Fazit: Grün-Rot verspielt in nur 100 Tagen wichtige Zukunftschancen.   In einem Gespräch mit RTL-Redakteur Alexander Gurgel habe ich die 100-Tage-Bilanz bei RTL bewertet. Hier können Sie die Aufzeichnung des Gespräches sehen.