Wenn der grüne Schwanz mit dem roten Hund wackelt

26. Juni 2013

Das Endlagersuchgesetz hat für Niedersachsen zentrale Bedeutung. Soll es doch – nach jahrzehntelangem Streit um den Standort Gorleben – zu einem objektiven und von einer breiten Mehrheit akzeptierten Auswahlverfahren für ein sicheres Atommüllendlager führen. Daher verhandelten die Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP in der vergangenen Plenarwoche tagelang, um mit breiter Mehrheit die bisherigen Verhandlungsergebnisse für ein Endlagersuchgesetz und die Zwischenlagerung von Castorbehältern aus Sellafield und La Hague zu unterstützen. Ein Konsens war zum greifen nah. Doch der Versuch scheiterte am Nein einzelner grüner Abgeordneter. Acht Worte offenbaren die ganze Misere der grün-roten Einstimmenmehrheit im Niedersächsischen Landtag: „… begrüßt den Entwurf des Standortauswahlgesetzes in seinen Grundzügen“. Acht Worte, die deutlich machen: Wenn es drauf ankommt, liegt die politische Richtlinienkompetenz nicht bei Ministerpräsident Weil, sondern bei ideologisch vernagelten Abgeordneten der grünen Landtagsfraktion. In dieser Regierung wackelt der Schwanz mit dem Hund! „… begrüßt den Entwurf des Standortauswahlgesetzes in seinen Grundzügen“ – diese acht Worte wollten CDU und FDP im Entschließungsantrag „Neubeginn bei der Suche nach einem Atommüllendlager“ mit der Drucksachen-Nr. 17/0347 formulieren. Der Niedersächsische Landtag sollte damit nach dem Willen der Opposition der Landesregierung eine breite Rückendeckung für die Verhandlungsergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz am 13. Juni 2013 zum Endlagersuchgesetz und zur Zwischenlagerung stark wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle geben. „… begrüßt den Entwurf des Standortauswahlgesetzes in seinen Grundzügen“ – diese acht Worte fehlten jedoch im ansonsten wortwörtlich inhaltsgleichen Entschließungsantrag „Neubeginn bei der Suche nach einem Atommüllendlager“ mit der Drucksachen-Nr. 17/0348 von SPD und Grünen. Und dies, obwohl beide Fraktionen und der Ministerpräsident selbst die Ergebnisse des 13. Juni zuvor öffentlich in den höchsten Tönen gelobt hatten. Dies durften sie nun im Landtag nicht mehr tun, weil einzelne Abgeordnete der Grünen, angeführt von Miriam Staudte aus dem Landkreis Lüneburg, dies verhinderten. Dabei hatte Ministerpräsident Weil intern viel Druck gemacht, um eine breite Mehrheit für die Entschließung des Landtages zu erreichen. Er scheiterte! Damit wurde zugleich deutlich, dass dem Ministerpräsidenten die notwendige Rückendeckung für seine Verhandlungsposition zum Endlagersuchgesetz in den eigenen Reihen fehlt. Staudte und Co. haben den Einfluss der Fundamentalisten aus der Anti-AKW-Bewegung, die jeden Konsens zum Endlagersuchgesetz ablehnen, der Gorleben nicht vorab ausschließt, in der grün-roten Koalition und auf die Landesregierung gestärkt. Die Geister, die Weil und Wenzel mit ihrem unhaltbaren Wahlversprechens vor der Landtagswahl – „Der Standort Gorleben wird ausgeschlossen“ – riefen, werden sie nicht mehr los. Am 5. Juli stimmt der Bundesrat über das Endlagersuchgesetz ab. Ob Niedersachsen bei dieser Ausgangslage noch in der Lage sein wird, weitere von CDU, SPD, Grünen und FDP gemeinsam formulierte Forderungen durchzusetzen, ist fraglich. Denn als Verhandlungspartner der anderen Länder und des Bundes hat Grün-Rot in Niedersachsen Zweifel aufkommen lassen, ob es dem Gesetz am Ende überhaupt zustimmen will. Dieser von Staudte und weiteren Fundis gesäte Zweifel schwächt die Verhandlungsposition des Ministerpräsidenten und des Umweltministers erheblich. Das zeigt, wie verantwortungslos grüne Fundamentalisten bisweilen handeln. Denn das Endlagersuchgesetz ist keine parteipolitische oder taktische Spielwiese für grüne Nachwuchspolitiker. Es soll den Grundstein für die Lösung einer der komplexesten und technisch wie ethisch anspruchsvollsten Herausforderungen unserer Zeit legen: Die Suche nach einem gesellschaftlich akzeptierten und über hunderttausende von Jahren sicheren Endlager für unseren hochradioaktiven Atommüll. Das Nein von Rot-Grün zu den acht Worten „… begrüßt den Entwurf des Standortauswahlgesetzes in seinen Grundzügen“ und zu einer breiten Mehrheit im Landtag ist daher nicht nur ein taktisches Versagen. In der Atommüllfrage droht die Regierung Wenzel/ Weil vor allem moralisch zu scheitern.