Sebastian Lechner: Rot-Grün ist ein Chancentod für Niedersachsen
Im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) erläutert der niedersächsische CDU-Fraktions- und Parteivorsitzende Sebastian Lechner MdL die Hintergründe des Untersuchungsausschusses in der Gehaltsaffäre um die Büroleiterin von Ministerpräsident Stephan Weil. Die AfD bezeichnet er klar als Hauptgegner der CDU, da sie nicht nur europafeindlich, sondern auch wirtschafts- und sozialstaatsfeindlich, russlandhörig und in weiten Teilen rechtsextrem ist. Lesen Sie hier das komplette Interview im Wortlaut:
Herr Lechner, Sie hauen ja ganz schön auf die Pauke mit Ihrem beantragten Untersuchungsausschuss im Landtag. Es geht um ein höheres Gehalt für die Büroleiterin von Ministerpräsident Stephan Weil. Wie lange haben Sie mit sich gerungen, ob Ihnen das für einen Untersuchungsausschuss ausreicht?
Uns geht es um Gerechtigkeit. In unserer Landesverwaltung gibt es viele Menschen, die jeden Tag einen richtig guten Job machen und trotzdem mehr als zehn Jahre auf eine entsprechende Beförderung warten müssen. Bei der Büroleiterin des Ministerpräsidenten aber geht es plötzlich ganz schnell und sie wird aus unserer Sicht rechtswidrig und rückwirkend befördert. Da wird zudem extra mal eben die bisher geltende Rechtslage geändert, aber dann auch nicht auf diejenigen angewendet, die den Laden seit Jahren am Laufen halten, sondern eben als erstes und bislang einziges auf die Büroleiterin des Ministerpräsidenten. Das passt doch alles nicht zusammen. Wir haben den Ministerpräsidenten mehrmals aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben, diesen Fehler auszuräumen. Aber es wurde nichts ausgeräumt.
Und dann war das Fass übergelaufen?
So könnte man das sagen. Uns als Opposition mit der Verantwortung, die Regierung zu kontrollieren, blieb als letzter Schritt nur, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Es geht hier immerhin auch um Steuermittel der Menschen in Niedersachsen, mit denen die Landesregierung ordentlich umzugehen hat.
Und wenn doch alles rechtlich sauber war, wie die Staatskanzlei von Stephan Weil sagt? Dann geht der Schuss für die CDU womöglich nach hinten los.
Ich bezweifle stark, dass das Vorgehen in Ordnung war. Aber wenn es doch so sein sollte, ist das ein Ergebnis, das wir akzeptieren werden. Ein Untersuchungsausschuss ist schließlich kein Verurteilungsausschuss.
Sondern?
Dieser Ausschuss prüft, ob die Landesregierung rechtswidrig gehandelt hat oder zumindest nicht so, wie man es von einer verantwortungsbewussten Führung eines Landes erwarten darf und stellt dies gegebenenfalls fest.
Die CDU ist einer neuen Umfrage zufolge die stärkste Kraft in Niedersachsen. Ihre Partei liegt demnach mit 30 Prozent knapp vor der SPD mit 29 Prozent. Träumen Sie nachts schon davon, der nächste Ministerpräsident von Niedersachsen zu werden?
Unser schönes Bundesland hat so große Chancen in dieser Zeit. Voraussetzungen, die kein anderes Bundesland mit sich bringt. Diese wollen wir nutzen. Rot-Grün hingegen ist ein Chancentod. Unser gesamtes Team arbeitet daran, dass wir die guten Ideen und Antworten für Niedersachsen, die wir schon entwickelt haben oder gerade entwickeln, für die Menschen und die Zukunft unseres Landes von der Regierungsbank aus auch umsetzen können.
Mit Ihnen an der Spitze?
Das klären wir in unserer Partei 2026. Aber ich habe immer gesagt: Wenn Du Oppositionsführer im Landtag bist, muss es der eigene Anspruch und Wille sein, den aktuellen Ministerpräsidenten ablösen zu wollen. Ansonsten bist Du falsch in dieser Position.
Mit anderen Worten: Sie trauen sich dieses Amt zu?
Mit meiner Familie mit drei Kindern stehe ich mitten im Leben, bin gut ausgebildet, habe in der freien Wirtschaft gearbeitet, war Unternehmer und habe viele Erfahrungen in der Politik sammeln dürfen: Ja, ich traue mir dieses Amt durchaus zu.
Selbst wenn die CDU bei der nächsten Landtagswahl 2027 stärkste Kraft werden würde, bräuchte sie wohl einen Koalitionspartner. Der neue AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann deutete bereits an, dass seine Partei bereitstünde.
Wir aber nicht. Die AfD ist unser politischer Hauptgegner. Es wird keine Kooperation mit dieser Partei geben. Die AfD ist keine bürgerliche Partei. Sie ist nicht nur europafeindlich, sondern auch wirtschafts- und sozialstaatsfeindlich, russlandhörig und in weiten Teilen rechtsextrem. Mit der AfD haben Deutschland und Niedersachsen keine Zukunft.
Am „Potsdamer Treffen”, bei dem offenbar über die Vertreibung von Migranten gesprochen wurde, haben neben AfD-Mitgliedern auch CDU-Politiker teilgenommen. Hat Sie das schockiert?
Eindeutig ja. Aber es ist auch völlig klar: Wer an solchen Treffen teilnimmt, hat bei uns in der CDU nichts verloren. Sie werden zu Recht aus der CDU ausgeschlossen.
Sind Sie für oder gegen ein AfD-Verbot?
Ich bin gegen ein politisch eingeleitetes AfD-Verbot.
Warum?
Die AfD ist Verfassungsschutz-Verdachtsobjekt in nahezu allen Bundesländern und Beobachtungsobjekt in drei Bundesländern. Sobald sich aus diesen Erkenntnissen ergibt, dass ein Verbot geboten ist, soll man es beantragen und dann dürfte es auch Erfolg haben. Solange der Erfolg für ein Verbot aus Sicht der Sicherheitsbehörden allerdings nicht gegeben ist, sollte man die Finger davonlassen.
Was halten Sie davon, der AfD den Geldhahn zuzudrehen?
Verfassungsfeinde mit Steuergeldern zu finanzieren, halte ich für unerträglich. Somit ist das tatsächlich eine Option. Nach dem Gerichtsurteil zur NPD-Finanzierung haben wir vorgeschlagen, zu prüfen, ob sich das auch auf die AfD anwenden ließe. Aus unserer Sicht sind die Hürden hier deutlich niedriger als für ein Verbotsverfahren. Es kann doch nicht sein, dass diejenigen, die Politik gegen unsere Demokratie machen, aus Steuermitteln finanziert werden. Insofern könnte es ein Weg sein, der AfD zumindest bei der Finanzierung in Teilen den Boden zu entziehen.
Merz, Söder oder Wüst: Wen wünscht sich Sebastian Lechner als CDU-Kanzlerkandidat?
Alle drei haben das Zeug dazu, die CDU ist personell sehr gut aufgestellt und wird im Herbst einig und ohne Streit über diese Frage entscheiden.
Sie sind mit 43 Jahren für einen Fraktions- und Parteichef ziemlich jung. Dann dürfte doch der 48-jährige NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst Ihr Wunschkandidat sein, oder?
Auch die jüngeren Politiker in unserer Partei haben ein so großes Verantwortungsbewusstsein, dass sie wissen, dass sie sich vor dem Herbst dieses Jahres nicht zu dieser Frage äußern.
(Mit freundlicher Genehmigung der NOZ. Das Interview führte Lars Laue, NOZ.)