David McAllister im Interview mit der Münsterländischen Tageszeitung

6. März 2015

Quelle: Münsterländische Tageszeitung, Autor Hubert Kreke Wie haben sie sich in Brüssel akklimatisiert? Politisch fühle ich mich hier sehr wohl. Es ist eine spannende und erfüllende Aufgabe in einem Umfeld von 28 Nationen mit 24 unterschiedlichen Sprachen zu arbeiten. Da kommt ihnen ihre Mehrsprachigkeit zugute. In den vergangenen Monaten habe ich gemerkt, dass es von unschätzbarem Vorteil ist, Englisch als Muttersprache zu beherrschen, weil es die Verhandlungssprache im Europäischen Parlament ist. Wie kommen Sie und ihre Partei mit dem Spagat zwischen Brüssel, Straßburg und Niedersachsen klar? Mit guter Organisation, moderner Technik und engagierten Mitarbeitern lässt sich das gut bewältigen, auch wenn das alles unbestritten anspruchsvoll ist. Und über ihr Arbeitspensum in Niedersachsen hat sich noch keiner beschwert? Jedes Wochenende bin ich als Landesvorsitzender für die CDU in Niedersachsen unterwegs. Es gibt ja viele Parteivorsitzende, die parlamentarisch „außerhalb“ des Landes arbeiten. Denken Sie an die vielen Bundestagsabgeordneten, die zugleich als Landes- oder Kreisvorsitzende tätig sind. Mein Freund Franz-Josef Holzenkamp bekommt das zwischen Berlin und dem Oldenburger Land auch gut hin. Was ist im EU-Parlament im Moment ihre wichtigste Arbeit? Für mich ist das wichtigste, in Brüssel und Straßburg engagiert niedersächsische Interessen zu vertreten, insbesondere für das Gebiet, das ich regional vertrete, also das Oldenburger Land und den Elbe-Weser-Raum. In meinen übergeordneten Funktionen ist gegenwärtig meine größte Herausforderung, den jährlichen Fortschrittsbericht über die laufenden Beitrittsverhandlungen mit Serbien zu erstellen. Darüber wird das Parlament voraussichtlich im März abstimmen. Von Serbien zu Griechenland: Glauben Sie an wirksame Reformen aus Athen in nur vier Monaten? Das wird sich zeigen. Auf  jeden Fall hat in Abkehr von ihrer Wahlkampfrhetorik die neue Regierung in Athen endlich anerkannt, dass der mit den europäischen Partnern im Hilfsprogramm vereinbarte Reformprozess fortgeführt werden muss. Weitere Gelder aus dem laufenden Programm fließen nur, wenn die Troika aus  EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationalem Währungsfonds bestätigt, dass die neuen Reformschritte einen erfolgreichen Abschluss des Programms gewährleisten. Die Regierung in Athen muss nun liefern. Griechenland muss gemeinsam mit den Institutionen die Reformliste weiterentwickeln und ausweiten. Eines ist klar: Die Reformen dürfen nicht aus Luftbuchungen bestehen und keine leeren Versprechungen enthalten. Spätestens Ende April sind diese Ergebnisse dann zu bewerten. Alle Beteiligten haben noch sehr viel zu tun. Dann reichen also solche Selbstverständlichkeiten wie die Bekämpfung der Steuerhinterziehung nicht aus? Trotz nachvollziehbar kritischer Anmerkungen des IWF ist diese Liste ein Ausgangspunkt für alle weiteren Schritte. Die neue griechische Regierung muss in der finanzpolitischen Realität ankommen und eine verantwortliche Politik im Sinne einer europäischen Perspektive des Landes machen. Ein Wort noch zu ihrer politischen Zukunft: Gilt auch für EU-Abgeordnete die alte Boxer-Regel „They’ll never come back“ ? Ganz bewusst habe ich mich für eine neue parlamentarische Herausforderung entschieden. Ich bin überzeugter und leidenschaftlicher Europäer und möchte meinen Beitrag leisten, dass die EU bürgernäher und transparenter wird. Das Europäische Parlament sollte weiter gestärkt werden. Es ist die einzige demokratische Institution in Europa, die von den Menschen  direkt gewählt wird. Im Übrigen gibt es eine ganze Reihe namhafter deutscher Politiker, die im Europäischen Parlament tätig waren. Denken Sie an Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, CDU-Bundesvize Armin Laschet oder Cem Özdemir von den Grünen. Niedersachsen bleibt ihr Standbein? Niedersachsen ist meine Heimat und wird immer meine Heimat bleiben. Hier bin ich zu Hause.