Rede des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Landtagsfraktion Jens Nacke (Top 4) Einsetzung des 22. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Vorgänge in der Dienstzeit des Staatssekretärs a.D. Udo Paschedag“

12. Mai 2015

– Es gilt das gesprochene Wort! –

In der vergangenen Woche hat der 22. Parlamentarische Untersuchungsausschuss seine Arbeit beendet. Damit findet auch die Aufarbeitung des Skandals einen Abschluss, der sich um den ehemaligen Staatssekretär Udo Paschdag drehte. Man kann heute sagen: Dieser Untersuchungsausschuss war richtig und er war notwendig. Eines vorweg: Es war nie die Aufgabe des Untersuchungsausschusses, zu klären, ob Staatssekretär Paschedag zu Recht entlassen wurde. Udo Paschedag war ein gescheiterter Staatssekretär aus Nordrhein-Westphalen, der in Niedersachsen ein zweifelhaftes Comeback plante.

Schnell erkannte er die Unerfahrenheit der neuen Niedersächsischen Landesregierung. Der Ministerpräsident, der Chef der Staatskanzlei und insbesondere der neue Minister Meyer hatten keine Ahnung. Paschedag wusste das auszunutzen. Bereits in den ersten Gesprächen forderte er für sich den dicksten Dienstwagen, der auf dem Markt war und das als Grüner. Er forderte eine höhere Besoldung für sich ein, als Staatsekretäre sie in Niedersachsen bekommen. Er forderte Personalstellen ein, um Gefälligkeiten verteilen zu können, und für sein Büro eine Ausstattung, wie sie sonst niemand hat, nicht mal sein Minister. Für den grünen Paschedag war eine Klimaanlage gerade gut genug. Herr Paschedag fühlte sich als der heimliche Minister und benahm sich auch so. Ja, es war richtig, Udo Paschedag rauszuschmeißen, noch besser wäre es gewesen, das Land nie mit diesem Staatssekretär zu belasten.

Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren,

wegen all dieser Dinge wurde Udo Paschedag nicht entlassen. Udo Paschedag wurde entlassen, weil Ministerpräsident Weil angeordnet hatte, in der Affäre Paschedag auf Tarnen, Täuschen und Vertuschen zu setzen. Ministerpräsident Weil war persönlich und unmittelbar in die Affäre rund um den Dienstwagen von Udo Paschedag eingebunden. Er hatte mehrfach mit Herrn Paschedag und einmal auch mit Minister Meyer dieses Thema erörtert. Als die Sache hochkam ordnete er an, dass diese Beteiligung vertuscht werden soll. Herr Paschedag wusste, dass es für die Beteiligung des Ministerpräsidenten einen schriftlichen Beweis gibt, weil er selbst genau diesen Beweis in den Akten vermerkt hatte. Udo Paschedag wurde entlassen, weil er den Ministerpräsidenten nicht darauf hingewiesen hat, dass es einen Vermerkt gibt, der dazu führen muss, dass der Vertuschungsversuch des Ministerpräsidenten scheitert. Paschedag gefährdete das System Weil. Und wer es wagt, das System Weil zu gefährden, hat von dem Ministerpräsidenten keine Gnade zu erwarten.

Wer beim Tarnen, Täuschen und Vertuschen des Ministerpräsidenten nicht mit macht, der fliegt. So einfach ist das.

Meine Damen und Herren,

Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf das System Weil zu werfen. Wie es funktioniert, das kann man in diesem Abschlussbericht der Landtagsfraktionen von CDU und FDP genau nachlesen.

Ich möchte es an zwei Tatkomplexen näher erläutern.

1. Beispiel Tatkomplex Dienstwagen:

Für Udo Paschedag als grünen Staatssekretär war nichts wichtiger, als den dicksten Dienstwagen zu bekommen. Sollte sein Schaufensterminister doch ruhig Jetta fahren, er selbst wollte einen A8 – in der Langversion. Doch dann machte Udo Paschedag einen Fehler. In seiner Selbstüberschätzung glaubte er die Rechtslage zu kennen.

Er meinte, die Zustimmung des Ministerpräsidenten zu brauchen, so wie er es aus Nordrhein-Westfhalen kannte. Jeder Rechtsreferendar hätte sich die entsprechende Rechtsgrundlage in der Dienstwagenrichtlinie in Niedersachsen angeschaut, aber Paschedag hielt sich für einen Superjuristen. Beratungsresistent verwarf er die warnenden Hinweise seines Hauses. Schließlich hatte er schon beim ersten Treffen mit dem Ministerpräsidenten im Februar die Sache mit dem Dienstwagen klargemacht. Bei nächster Gelegenheit im März sprach er den Ministerpräsidenten im Beisein von Minister Meyer erneut auf das Auto an. Beide sicherten ihm zu, er könne sich die Luxuskarosse besorgen lassen. So ordnete er es an. So vermerkte er es wahrheitsgemäß und so unterschrieb er es auch. Es gab kein Missverständnis und es gab auch keinen falschen Vermerk.

Aber es gibt das System Weil und das besteht aus Tarnen, Täuschen, Vertuschen. Als die Affäre Paschedag öffentlich wurde, machte die Zustimmung des Ministerpräsidenten schnell die Runde. Zu viele kannten den Vermerk. Zu viele hatten von den Eskapaden des Staatssekretärs des Ministers und des Ministerpräsidenten gehört. Der Flurfunk lief. So erreichte es auch die Morgenrunde des Ministerpräsidenten. Natürlich erkannten Sie, Herr Ministerpräsident, sofort, dass Sie in der Sache offenkundig einen Bock geschossen haben. Und nun nimmt das Unheil seinen Lauf. Anstatt die Anordnung zu erteilen, den Fehler einzuräumen und die Sache auszuräumen setzen Sie auf Tarnen, Täuschen und Vertuschen. Eben auf das System Weil. Es wäre doch ein Leichtes gewesen, die notwendige Zustimmung des Finanzministers nachzuholen. Das Rückenleiden des Staatssekretärs war nachweisbar, das Auto nicht teurer als ein A6 und auch im Verbrauch lag es nicht höher. Das hatte Herr Paschedag alles ausgerechnet. Aber dann wäre natürlich rausgekommen, dass Sie, Herr Ministerpräsident, in die Sache verstrickt sind. Also haben Sie Herrn Paschedag angerufen und das System Weil angeordnet.

Sie decken die Fehler Paschedags, dafür vertuscht er Ihre Beteiligung. All das ist durch die Akten eindeutig belegt. Sie konnten ja nicht ahnen, dass es einen Vermerk gibt, der Ihre Beteiligung dokumentiert. Davon erfuhren Sie erst am Morgen des 29. August, dem Tag an dem Sie Paschedag entlassen haben. Das System Weil drohte nämlich zu scheitern. Deswegen wurde die Geschichte vom falschen Vermerk erfunden. Gnadenlos ließen Sie dafür den Staatssekretär über die Klinge springen. Wer das System des Tarnen, Täuschens und Vertuschen gefährdet, der fliegt. Das ist Teil des Systems Weil.

2. Beispiel: Tatkomplex Besoldung.

Bei der Frage der Ernennung und Versetzung von Staatssekretär Paschedag wird das Chaos und die Unfähigkeit dieser Regierung besonders deutlich. Sie, Herr Ministerpräsident, beauftragten den heutigen Chef der Staatskanzlei mit der Abwicklung der nötigen Vorgänge, obwohl dieser, wie er selbst einräumte, davon keine Ahnung hat.

Anstatt sich aber dann auf die Fachleute aus der Staatskanzlei zu verlassen, verlässt Herr Mielke sich lieber auf Staatssekretär Paschedag. Eine fatale Entscheidung. Staatssekretärs Mielke machte zwangsläufig den Fehler eine Versetzung anzuordnen. Er trägt damit die unmittelbare Verantwortung für das Besoldungschaos um Staatssekretär Paschedag. Paschedag selbst wusste wahrscheinlich gar nicht, dass es überhaupt eine Möglichkeit gibt, auch in Niedersachsen nach B10 besoldet zu werden. Dazu hätte er sich im Beamtenrecht gut auskennen wissen. Ein so guter Jurist ist der gar nicht. Das er B10 kriegen kann, erfuhr er erst, als er schon im Amt war und zwar von einem Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums. Eigentlich wollte er nur eine Umzugshärtenpauschale einstreichen. Der Seemann würde von einem Beifang sprechen.

Paschedag fühlte sich von Mielke hintergangen. Deswegen forderte er nun frech für sich eine höhere Besoldung. Ein Rechtsanspruch darauf bestand aber nicht. Anders lautende Behauptungen von Herrn Minister Schneider und Herrn Minister Meyer im Landtag waren die schlichte Unwahrheit. Auch das lässt sich den Akten entnehmen.

Ein entsprechendes Gutachten der Mitarbeiter der CDU-Landtagsfraktion wurde von ihren Juristen in mehreren Häusern geteilt. Das haben wir mehrfach in den Akten gefunden.

Aber Paschedag war eben kein Leisetreter. Dem Chef der Staatskanzlei wurde schnell klar, dass seine Fehler und sein Unvermögen offenbar werden würden.

Nur deswegen wurden Paschedag nicht gestoppt. Mielke fühlte sich ihm einfach nicht gewachsen.

Am Morgen vor der Kabinettssitzung schilderte Herr Mielke, das Problem dem Ministerpräsidenten. Dieser entschied sich für das System Weil. Statt den Fehler einzuräumen, Herrn Staatssekretär Paschedag an seine Zusage zu erinnern und alle Staatssekretäre weiterhin gleich zu bezahlen, entschied man sich das Kabinett zu täuschen.

Die vernommenen Minister Schneider, Meyer und Wenzel räumten ein, dass sie keine Ahnung hatten, was sie im Kabinett eigentlich beschlossen: Die Staatssekretäre wurden nicht beteiligt, da sie ja nicht wissen sollten, dass einer von ihnen mehr Geld kriegt. Eine bereits angefertigte Kabinettsvorlage wurde nicht verteilt. Auch das findet sich in den Akten. Auf aktives Betreiben des Ministerpräsidenten wurden aus persönlichen Versetzungsgründe plötzlich dienstliche Gründe und Paschdag kriegte mehr Geld. Die Unfähigkeit des Chefs der Staatskanzlei wurde verheimlicht. Das System Weil hatte gegriffen. Tarnen, Täuschen und Vertuschen. Einmal mehr.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das System Weil, welches in der Zeit als Oberbürgermeister immer so fein geklappt hat, dass hat im Amt des Ministerpräsidenten keine Chance. Denn der Ministerpräsident ist dem Landtag Rechenschaft schuldig und im Landtag ist kein Platz für das System Weil. Tarnen, Täuschen, Vertuschen, mag im Kabinett noch klappen. Im Landtag musste es scheitern. Um es zu retten waren Sie sogar bereit zum Äußersten zu greifen. Sie sagen im Parlament mehrfach die Unwahrheit. Und Sie beginnen  Verfassungsbruch. Entgegen der klaren Vorschriften in der Verfassung verweigerten Sie dem Landtag die Einsicht in Ihre Akten.

Ein Einmaliger Vorgang. Auf einmal waren Sie ein Gefangener des Systems Weil.

Überall dort wo Sie tarnten, täuschten und vertuschten mussten Sie nun rechtswidrig versuchen, die Akten für sich zu behalten. Wie schlimm muss das für die Mitarbeiter der Staatskanzlei gewesen sein, die wahrscheinlich nach und nach Ihr Spiel durchschauten. War es Verzweiflung oder Überheblichkeit, die Sie glauben ließen Sie kämen mit einem solchen Verfassungsbruch durch.

Haben Sie wirklich geglaubt, wir würden nicht klagen?

Wie einfältig war das denn?

Der Staatsgerichtshof hat Sie eines besseren belehrt.

Aber selbst nach dem Urteil glaubte Ihr Chef der Staatskanzlei noch, das System Weil aus Tarnen, Täuschen und Vertuschen aufrecht erhalten zu können. Er glaubte immer noch die verräterischen Beweise zurückhalten zu können. Zwei Monate dauerte es, bis Sie endlich aufgaben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

dem 22. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist es zu verdanken, dass wir einen so umfassenden Einblick in das System Weil erhalten haben.

Der 22. Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat die Regierung enttarnt. Er hat die Täuschung aufgedeckt und die Vertuschung offenbart.

Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident hat daraus nichts gelernt. Das System Weil lebt weiter.

Beispielsweise im Fall Edathy. Auch hier entscheiden Sie sich für tarnen, täuschen und vertuschen.

Monatelang weigern Sie sich die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Erst eine erneute Klage vor dem Staatsgerichtshof bringt Sie zur Raisson. Sie lassen zu, dass der Innenminister die Öffentlichkeit über seine Kenntnisse im Fall Edathy täuscht. Als Einziger. Und Sie selbst wollen mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt haben. Ein altes Sprichwort sagt, wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und Herr Ministerpräsident, ich glaube Ihnen nicht.

Ebenso im Fall der explodierten Chemiefabrik in Ritterhude. Auch hier lassen Sie zu, dass Ihr Chef der Staatskanzlei Mielke die Öffentlichkeit über seine Beteiligung im Unklaren lässt. Obwohl er das zuständige Baudezernent und als Landrat unmittelbare Verantwortung getragen hat. Das System Weil greift um sich.

Es ist dem 22. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu verdanken, dass dieses System im Ergebnis keinen Erfolg haben kann. Die Niedersachsen wollen keinen Ministerpräsidenten, der auf Tarnen, Täuschen und Vertuschen setzt.

Die Niedersachsen wollen kein System Weil. Die Niedersachsen wollen einen ehrlichen Ministerpräsidenten und eine Regierung mit redlichen Ministern.

Und deshalb meine Damen und Herren, ist es nur folgerichtig, wenn die Fraktionen von CDU und FDP neben dem Rausschmiss des Staatssekretärs auch den Rausschmiss des Ministers fordern. Es war Minister Meyer, der die Eskapaden seines Staatssekretärs von Anfang an gedeckt hat. Zu dickes Auto, zu dicke Ausstattung, Personalpolitik nach Gutsherrenart und später auch die zu dicke Besoldung. Herr Meyer wusste Bescheid. Ab Mitte August kannte er sogar den Vermerk der die Beteiligung des Ministerpräsidenten offenbar machte. Ab dann setzte er sogar gegenüber dem Ministerpräsidenten auf Tarnen, Täuschen und Vertuschen. Wie kurios – Das System Weil wendet sich gegen seinen Herrn.

Meine Damen und Herren,

Minister Meyer trägt die Verantwortung für die Eskapaden seines Staatssekretärs a.D. Minister Meyer hat gegenüber der Öffentlichkeit versucht diese Eskapaden zu verheimlichen und im Parlament die Unwahrheit gesagt. Minister Meyer hat sich damit als unfähig erwiesen das Ministeramt auszuüben. Es wäre daher die Aufgabe des Ministerpräsidenten gewesen, neben Staatssekretär Paschedag auch Minister Meyer zu entlassen. Und er hätte es wohl auch getan, wenn Herr Wenzel es nicht verhindert hätte. Aber Herr Wenzel wusste um die Gefahr für die Einstimmenmehrheit, wenn Christian Meyer sein Ministeramt verliert. Er wusste um die fatale Wirkung in die Partei und in die Fraktion der Grünen wenn Meyer nach wenigen Monaten scheitert. Damit wäre nicht nur das System Weil, nein damit wäre die Regierung Weil gescheitert. Deswegen untersagte Minister Wenzel seinem Ministerpräsidenten den Minister Meyer zu entlassen. Damit war klar, dieser Ministerpräsident ist erpressbar.

Herr Weil, ich fordere Sie im Namen der CDU-Fraktion auf, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen:

1. Geben Sie das System Weil auf und schlagen Sie einen Weg der Redlichkeit ein.

2. Legen Sie Ihren Hass auf dieses Parlament ab. Der Parlamentarismus ist eine Errungenschaft der Demokratie.

3. Tun Sie was Sie längst hätten tun müssen und entlassen Sie Minister Meyer.

Sie wären damit schon zwei Jahre zu spät.

Herausgeber:
CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag – Pressestelle
cdu-fraktion-niedersachsen.de